Es gibt verschiedene Intentionen von A nach B kommen zu wollen. Im Alltag geht es den meisten darum möglichst schnell wohin zu gelangen. Und was benützt Adam Normalinnsbrucker und Eva Normalinnsbruckerin dann? Richtig, das Auto (und ein paar klügere ein Moped). Und macht das Auto Spaß in der Stadt? Nein: Manchmal ziehen sich Autofahrten durch Innsbruck sogar soweit, dass Nachrichten daraus gemacht werden können, wie wir es diesen Sommer, dank der Baustellen, erleben durften. Ich selbst hatte das Vergnügen von der Weiherburggasse bis zum Sparkassenplatz eine halbe Stunde (!) hinter dem Lenkrad sitzen. Zusätzlich sind die Parkgaragen dermaßen teuer, dass es mich wundert, dass sich Leute noch über die Benzinpreise beschweren.
An diesem Punkt drängt sich die Frage auf: Warum nehmen dann so viele Innsbrucker nicht einfach das Fahrrad? Wäre meist schneller, gut für die Gesundheit (mal von Unfällen abgesehen) und die Parkplatzfrage stellt sich auch nur in der Maria-Theresienstraße und am Bahnhof. Wobei sich diese ja mehr die Politik stellt als die Biker selber.
Also gibt es auch eine Schattenseite der Fahrradfrage? Was macht man mit all diesen herren- und damenlosen Fahrrädern?
Ich habe vor Kurzem in einem Vortrag von Carlo Ratti über Stockholm erfahren. Diese Stadt ist uns in der Problematik noch einen Schritt voraus und ich denke, dass wir diesen Blick in unsere Zukunft gleich mitbedenken sollten: Stockholm hat es geschafft das Umfeld so attraktiv zu machen, dass Fahrradfahren das Transportmittel Nummer eins ist. So weit sind wir noch nicht. Aber wo strahlende Sonne, da längere Schatten: Ihre Fahrräder verstopfen die Stadt komplett, was ein großes Ärgernis darstellt. Die logische Handlung der Stadt war Leihbikes zur Verfügung zu stellen, welche aber widerum nicht angenommen wurden. Warum auch? Wenn man doch sein eigenes hat, vielleicht mit mehr Gängen, direkt auf einen hingezimmert? Wo ist der Anreiz?Anreiz ist auch mit Sicherheit das Schlagwort auch in unserer Situation: Wo liegt er im Fahrradfahren in Innsbruck an sich? Ich wohne zum Beispiel am Rand des Tals und muss zumindest kurz bergauf fahren. Ich bin aber nicht jeden Tag begeistert meinen Laptop den Berg hinauf zu treten und dies als Sport zu bezeichnen. Außerdem ist das Radwegnetz im zentralen Bereich leider immernoch nicht perfekt und es kommt täglich zu brenzligen Situationen.
Kommen wir zurück zu Carlo Ratti. Dieser Italiener Architekt mit Professur am MIT hat hier ein Projekt in Entwicklung, welches ebendiesen Anreiz, einen Mehrwert für das Fahren, schafft:
Das neue Stockholm-Citybike: Ausleihbare Fahrräder mit einem kleinen Motor, der sich durch Bremsen (wie bei der Formel 1) auflädt. Diese Zusatzenergie kann zugeschalten werden, sobald man sie benötigt. Das heisst, kein Trafo bremst meine durch Treten entstandene Geschwindigkeit (was mich zumindest wieder mein Fahrrad für besser empfinden lassen würde), wenn ich aber auf eine Anhöhe fahre, was rund um Innsbruck wohl mehreren so geht, habe ich einen Zusatzmotor aufgeladen, der mir hilft.
Nebenbei haben diese Fahrräder eine Möglichkeit das eigene Smartphone an der Lenkung anzuschließen, mit Zugriff auf einiges an Daten, die das Rad sammelt. Zurückgelegte Kilometer und verbrannte Kalorien können in einer App statistisch aufbereitet betrachtet werden und die Ergebnisse entweder abgespeichert oder aber auch auf Facebook und Twitter mit der Welt geteilt werden. Das klingt nach zu wenig Anreizen? Gut: Zusätzlich sammelt der Fahrende Green Miles in der Stadt, mit denen er Vergünstigungen für Museen und Theater erhält. Ich finde ab diesem Zeitpunkt spricht schon sehr viel für das Citybike gegenüber dem eigenen Fahrrad und vielleicht im Fall von Innsbruck bereits gegenüber dem Auto?
Was ich noch nicht erwähnt habe, die Stadt hat selbst ebenfalls zusätzliche Anreize: Das Fahrrad sammelt auswertbare Daten über Lautstärke und Umweltverschmutzung und sendet diese direkt an eine Abteilung in der Stadtentwicklung. Wenn sich die Räder außerhalb der erlaubten Zone aufhalten, kann das mit GPS ausgestattete Fahrrad auch eine Warnung senden.
Hier sein Vortrag. ab 8:50 geht es um das Problem in Stockholm, sehr empfehlenswert:
Ich habe Carlo Ratti gefragt wie lange seine Entwicklung noch benötigt und ab wann er meint, dass dieses Konzept an andere Städte weitergegeben werden kann. Er meinte das wäre durchaus in den nächsten Jahren möglich.
Wenn man mich fragt, ich will so ein Fahrrad mal in Innsbruck sehen. Ich hoffe die Politik sieht das auch so.
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